Sonntag, 24. September 2017

Free Walking Tour

Den Samstag nach meiner ersten Arbeitswoche verbrachte ich ziemlich faul. Bisher war mir alles noch wie Urlaub vorgekommen, deshalb hatte ich es kaum erwarten können, mit der Arbeit anzufangen. Ich wollte dieses Alltags-Gefühl, nur dann würde ich wahrscheinlich realisieren, dass das alles kein schöner Traum war.
An diesem Samstag war es anscheinend bei mir angekommen, ich war träge und mir war zum ersten Mal nicht danach, etwas Neues zu entdecken.
Das heißt doch, eins hatte ich mir vorgenommen. Nicht weit von meiner Wohnung gab es eine Aldi Filliale. Als ehemaliger Stammgast bei Aldi Süd in Deutschland musste ich mir das mal ansehen. Allerdings handelte es sich um Aldi Nord. Ich radelte rasch hin, amüsierte mich über die Ham Lappen, entdeckte aber ansonsten nichts was mich zukünftig öfter hier her locken könnte.


Ich verbrachte den Tag mit Wohnung putzen und radelte abends noch mal ein bisschen zum Ij. Ein neues Schiff lag im Hafen, also setzte ich mich eine Weile ans Ufer und staunte mal wieder über die Ausmaße.



Am nächsten Morgen stand ein meet-up an. Sunday Morning Coffee nennt es sich, findet jeden dritten Sonntag im Monat in wechselnden Cafes statt und wird von Jennifer, die ich schon von meinem ersten meet-up im Vondelpark kannte, organisiert.


Diesmal war Lotti´s Cafe das Auserwählte. Direkt an der Herengracht, also mitten im Zentrum.
Vor der Tür traf ich direkt Jennifer. Sie erkannte mich auch gleich wieder und als erste Teilnehmer suchten wir uns einen gemütlichen Platz aus. 
Nach und nach trudelten immer mehr Leute ein, am Ende waren es 16 Personen, die auf Sofas, Sesseln, Hockern und Stühlen zusammen saßen und sich austauschten. Einige kannten sich schon, die meisten waren sich jedoch fremd. Wir waren eine bunte Mischung aus Auswanderern von überall her, Touristen, Einheimischen. Auch hier gab es wieder spannende Lebensgeschichten zu hören. 
Erstaunlich, wie schnell man mit Menschen ins Gespräch kommt, die einem völlig fremd sind. Am Ende hatte man das Gefühl, einen Vormittag mit alten Freunden verbracht zu haben. Ich tauschte mit Helen, einer jungen Deutschen die am Flughafen in einem Hotel arbeitete, Handynummern aus. Wir wollten mal zusammen eine Radtour durch das Waterland im Norden machen. Kamil, ein junger Mann aus Polen, wollte sich anschließen. Mit Svenja, die auch in Amsterdam lebte und Kevin, der gerade die Welt bereiste, verknüpfte ich mich bei Facebook.
Nachdem sich die Gruppe so nach und nach auflöste, entschloss ich mich spontan zu einer Alternative Free Walking Tour. Das kann ich wirklich jedem empfehlen. Die Touren sind kostenlos, aber am Ende gibt man dem Guide ein Trinkgeld. Kein Muss, aber eigentlich selbstverständlich.
Es gibt verschiedene Touren, ich entschied mich für die Alternative Tour, weil ich Amsterdam schon ein bisschen kannte und mehr Insider Wissen erfahren wollte. Für Amsterdam Anfänger gibt es noch die „normale“ Amsterdam Tour und zusätzlich eine Free Food Tour, die demnächst mal auf dem Programm steht.
Unser Guide hieß Sem, kommt ursprünglich aus Amsterdam Noord, da wo ich jetzt gelandet war, und war unglaublich witzig, charmant und wusste einfach alles.
Wir begannen in Jordaan, einem angesagten Stadtteil von Amsterdam, und erklärte uns, wieso dieser Stadtteil so hieß. Ungefähr war es so:
Napoleon I besuchte Amsterdam und verliebte sich in diesen Stadtteil. Er verliebte sich in diese Gegend, verbrachte viel Zeit dort und nannte ihn Jardin (Garten). Den Niederländern gefiel es gar nicht, dass ein unbeliebter Franzose ihrer Stadt einen Namen geben wollte, und sie benannten ihn um in Jordaan.
Ebenso lernte ich auf dieser Tour, woran man ein gestohlenes Fahrrad erkennen konnte, warum man kein gestohlenes Rad kaufen sollte, (Er erzählte eine lustige Geschichte darüber, wie er mit einer Freundin abends unterwegs war und vier Minuten, nachdem sie ihr Fahrrad geparkt hätte, eben genau ihr Fahrrad zum Kauf angeboten bekam. Der „Verkäufer“ zeigte sich großzügig und bot ihr für den Rückkauf einen Rabatt an), wieviele Fahrräder jährlich aus den Grachten gezogen wurden (15000!), wie man als freischaffende Prostituierte ein Fenster im Red Light District mieten konnte, wie teuer die Miete war und und und...
Am Ende jeder Tour macht er eine Foto der Gruppe und postet es auf Facebook. 


Es war eine unterhaltsame, interessante und lehrreiche Tour, die durch Jordaan und seine schönen grünen Hinterhöfe, einem der kleineren Rotlicht Viertel, am Anne Frank Haus vorbei wieder zurück zum Dam führte, wo die Tour begonnen hatte. Sem wusste alles, auf jede Frage hat er eine Antwort.
Wer Interesse hat, mehrmals täglich stehen er und/oder seine Kollegen mit einem weißen Regenschirm in der Hand am Nationalmomument. Genaue Zeiten findet man im Internet.



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